Aktuell stehen Wirtschaft und Gesellschaft vor acht großen Herausforderungen, sagte Oliver Saggau, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Westholstein, jüngst auf einer Konferenz zur Energiekrise:
1. Folgen des Krieges in der Ukraine
2. Energiekrise
3. Lieferkettenkrise
4. wachsendes Konfliktpotenzial zwischen demokratischen und nichtdemokratischen Ländern
5. Klimakrise
6. Fachkräftemangel
7. Inflation und
8. die damit verbundene gesunkene Konsumfreude.
Vor allem die Energiekrise und die damit verbundenen gestiegenen Energiekosten setzen Unternehmen immer mehr unter Druck. Die hohen Preise für Strom und Gas zu stemmen sei aktuell die größte Herausforderung für Firmen, gaben Manager mehrheitlich bei einer Befragung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) an.
Neben den vielen Krisen verweist Saggau aber auch auf positive Ansätze in den Regionen im Hinblick auf die Wirtschaftsentwicklung und die Energiewende.
Seit Russland den Gashahn abgedreht hat, fragen sich viele, ob die Versorgungssicherheit der energieintensiven Wirtschaft weiterhin gewährleistet werden kann und es möglich bleibt, die Wohnungen der Privathaushalte im Winter warm zu halten. Hier sind sich Expertinnen und Experten uneinig:
Bereits im Sommer warnte der Weltenergierat, Deutschland habe - neben Italien - das größte Energieversorgungsrisiko in der Gruppe der G7-Staaten. Das Risiko sinke aber drastisch mit dem Abbau der Abhängigkeit von Russland. Inzwischen kauft Deutschland im großen Stil Gas am Weltmarkt ein. Mit Erfolg: Die Speicher sind voll. Die Bundesnetzagentur sendet in Bezug auf mögliche Engpässe verhalten positive Signale.
Über den aktuellen Stand hinsichtlich Gasspeicher, Gasimporte oder der Preisentwicklung informiert die Bundesnetzagentur täglich in ihrem Lagebericht.
Die Fachleute der Bundesnetzagentur haben für ein Prognosepapier vier Szenarien durchgerechnet. Bei dreien davon käme Deutschland gut durch den Winter. Das schlechteste Szenario beschreibt einen überdurchschnittlich kalten Winter mit zusätzlichem starkem Kälteeinbruch, wie etwa 2012. In diesem Fall könnten die Gasspeicher nicht ausreichen. Die Nachfrage nach Gas würde hier den Bedarf übersteigen. Im schlimmsten Fall müsste dann die Gasmangellage ausgerufen werden. Das heißt, die Bundesregierung setzt die Notfallstufe des Notfallplans „Gas“mit nötigen Maßnahmen zur Deckung des lebenswichtigen Bedarfs an Gas in Kraft. In diesem Worstcase könnte die Gasbelieferung nicht geschützter Industriekunden reduziert oder ganz eingestellt werden. Welche Unternehmen die Rationierung in diesem Fall als erste treffen würde, ist derzeit nicht klar. Die Bundesnetzagentur würde anhand bestimmter Kriterien wie Verbrauch, alternativen Brennstoffen oder Systemrelevanz je nach Einzelfall und Lage entscheiden.
Das würde einen herben Rückschlag für den Wirtschaftsstandort Deutschland inklusive des Verlustes vieler Jobs und sogar der Gefährdung ganzer Branchen bedeuten.
Im Oktober 2022 ging die Nachricht durch die Medien, dass die EU-Kommission größere Stromausfälle in Europa in den kommenden Monaten für denkbar hält und sich dementsprechend auf solche Szenarien vorbereitet. Die vier großen Übertragungsnetzbetreiber, die den Strom durchs Land fließen lassen, gaben diesbezüglich im Wissenschaftsmagazin „Spektrum“ wiederum Entwarnung: Es drohten zumindest in Deutschland keine unkontrollierten Blackouts. Kontrollierte Abschaltungen seien nach Ankündigung aber möglich.
Ein Großteil kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) gibt seit Beginn des Ukraine-Kriegs die höheren Kosten für Energie an ihre Kundschaft weiter – jede fünfte Firma sogar vollständig. So haben rund 40 Prozent der befragten Unternehmen Preiserhöhungen bei den eigenen Produkten und Dienstleistungen vorgenommen. Ein Drittel plant dies bis Ende 2022 zu tun, ergab eine Sonderbefragung zum KfW Mittelstandspanel 2022.
Mehr als die Hälfte (54 Prozent) aller befragten Mittelständler haben laut KfW seit Beginn des Jahres bis Ende April 2022 ihren Energieverbrauch durch energiebewusstes Verhalten reduziert und tragen somit zur Versorgungssicherheit bei. 10 Prozent haben ihre Energieeffizienz verbessert, unter anderem durch die Wärmedämmung von Dächern und Außenwänden oder Energieeinsparmaßnahmen in der Prozess- und Anlagentechnik. Etwa 20 Prozent der Unternehmen hat in Elektromobilität investiert.
Jeder sechste Industriebetrieb will als Antwort auf die unsichere Lage bei der Energieversorgung die Produktion herunterfahren. Von den energieintensiven Unternehmen – dazu gehören die Chemie-, Baustoff-, Papier- oder Metallbranche – ist es fast jedes dritte. Die Hälfte hat bereits damit begonnen, wie eine Umfrage unter 3.500 Unternehmen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) ergab.
Nicht zuletzt durch die unsichere Lage bei den Lieferungen fossiler Brennstoffe wächst bei vielen Unternehmen der Wunsch nach mehr Unabhängigkeit. Bereits in der ersten Jahreshälfte 2022 haben laut KfW-Umfrage über 13 Prozent der mittelständischen KMU in die Energieerzeugung durch erneuerbare Energien investiert. Knapp 30 Prozent gaben an, dies bis Ende 2022 tun zu wollen.
Im Brunsbütteler Elbhafen wird nach einem beschleunigten Genehmigungsverfahren im Rekordtempo ein neues LNG-Terminal gebaut – neben Wilhelmshaven einer der ersten beiden Anlandepunkte für Flüssiggas (Liquified Natural Gas – LNG). „Über die Energie-Import-Infrastruktur in Brunsbüttel sollen zunächst LNG und später auch grüne Energieträger importiert werden, die Erdgas in der Industrie zukünftig ersetzen und zur Dekarbonisierung der Industrie beitragen werden“, erklärt Frank Schnabel, Chef der Brunsbüttel Ports. „Die Zielsetzungen die Gegenwart mit Gas zu gestalten und die Zukunft mit grünem Wasserstoff zu entwickeln, werden somit in dem entstehenden Multi-Energie-Terminal ideal miteinander vereint“, so der Manager weiter. Nach Fertigstellung sollen um die 2,6 Millionen Durchschnittshaushalte mit Energie versorgt werden können.Schnabel warnt allerdings davor, dass es Wunschdenken sei, dass Gas als Energieträger bald zu ersetzen wäre. Zwei bis drei Jahrzehnte würde es noch dauern, auch, um den Umstieg auf die erneuerbaren Energien zu ermöglichen.
Diverse Hilfsprogramme der Bundesregierung sollen auch die Wirtschaft in den nächsten Monaten entlasten. Die KfW-Fördermittel sind über Sparkassen und Banken abrufbar.
Die Bundesregierung hat am 14. November 2022 die einmalige Soforthilfe für die Gas- und Fernwärmekundschaft beschlossen. Sogenannte Letztverbraucher von leitungsgebundenem Erdgas und Wärmekundschaft sollen demnach von der Dezember-Abschlagszahlung freigestellt werden. Das gilt auch für KMU. Die Soforthilfe ist als Überbrückung gedacht, bis die geplanten Energiepreisbremsen im kommenden Jahr wirken. Die Gas- und Strompreisbremsen sehen für einen bestimmten Basisverbrauch gedeckelte Preise vor und sind das Kernstück der Entlastung für Industrie und Haushalte in der Energiekrise, teilt die Nachrichtenagentur Reuters mit. Die Energiepreisbremsen sollen spätestens im März 2023 greifen.
Sind Mittelständler vom Ukraine-Krieg, den stark gestiegenen Energiepreisen sowie den Sanktionen gegen Russland und Belarus betroffen, können sie einen Förderkredit der KfW-Bank erhalten.
Ein Schutzschild der Bundesregierung für von Kriegsfolgen betroffene Unternehmen bieten auch die Großbürgschaftsprogramme. Verbürgt werden können Betriebsmittel und Investitionskredite ab 20 Millionen Euro. Die Bürgschaftsquote beträgt meist 80 Prozent.
Energieintensive Unternehmen können durch das Energiekostendämpfungsprogramm einen Zuschuss von bis zu 50 Millionen Euro zu ihren Erdgas- und Stromkosten beantragen.
Für eine Energieberatung können Unternehmen mit jährlichen Energiekosten von über 10.000 Euro eine Zuwendung von 80 Prozent der förderfähigen Beratungskosten – jedoch maximal 6.000 Euro – erhalten.
Die staatlichen Finanzhilfen sollen die Unternehmen kurzfristig entlasten. Um die Energiewende erfolgreich zu meistern, muss der Fokus mittel- und langfristig aber auf Diversifizierung und dem Erschließen neuer Energiequellen liegen. Auf synthetische Kraftstoffe aus Methanol setzt beispielsweise das Start-up vivevo energy. Methanol könne Flüssigkraftstoffe schnell ersetzen und eigne sich zudem als chemischer Grundstoff für Produkte, die auf Alkohol basieren. Zur Herstellung lasse sich überwiegend CO2 aus Industrieprozessen verwenden, das sowieso noch einige Jahrzehnte lang in der Zementproduktion oder der Müllverbrennung anfalle. Der für die Produktion von Methanol benötigte Wasserstoff könne mit erneuerbaren Energien erzeugt werden, zählt Geschäftsführer Gerold Neumann von vivevo die Vorteile auf.
Trotz Lieferstopp aus Russland gibt es im Moment keine Versorgungsengpässe beim Gas in Deutschland. Die Speicher sind voll. Sollte Gas dennoch knapp werden, müssen bestimmte Unternehmen unter Umständen mit Einschränkungen der Gasversorgung rechnen. Die Bundesnetzagentur entscheidet dann anhand verschiedener Kriterien darüber, welche Unternehmen die Rationierung in diesem Fall treffen wird. Informationen über den aktuellen Speicherstand, die Gasimporte, Preisentwicklung und den Verbrauch finden Sie täglich aktualisiert auf den Seiten der Bundesnetzagentur.
Auch die Stromversorgung in Deutschland sei gesichert. Die Gefahr von mehrfach in den Medien diskutierten schweren und länger anhaltenden Stromausfällen schätzt die Bundesnetzagentur, zuständig für die Energieregulierung im Land, als äußerst gering ein. Die Stromversorgung sei durch mehrfach redundante Stabilisierungsmaßnahmen umfassend gesichert. Szenarien wie totale Blackouts bedürfen verschiedener Bedingungen gleichzeitig - Ereignisse, die es laut Bundesregierung in Deutschland so noch nicht gegeben hat.
Die Bundesregierung hat mit der Änderung des Klimaschutzgesetzes die Klimaschutzvorgaben verschärft. Das Ziel der Treibhausgasneutralität soll bis 2045 erreicht sein. Bereits bis 2030 sollen die Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 sinken.
Um die Klimaschutzziele zu erreichen und unabhängig von fossilen Energieimporten zu werden, soll der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch in Deutschland bis 2030 auf mindestens 80 Prozent steigen. Die Bundesregierung stellt für den beschleunigten Ausbau von Wind- und Solarenergie, den Ausstieg aus fossilen Energien und für mehr Energieeffizienz die Weichen – unter anderem mit der EEG-Novelle, die konsequent auf das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels nach dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgerichtet ist. Das Gesetz legt zudem die steigenden Ausbauziele für Wind- und Solarenergie fest.
Unternehmen, die durch die Energiekrise in Not geraten sind, werden durch diverse Hilfsprogramme der Bundesregierung entlastet:
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